Wiedervernässung des Kloßsiepentales als siedlungsnaher Naturerlebnisraum

Projektidee:

Scharfenberg ist von 8 Naturschutzgebieten umgeben, von denen keines weiter als im Mittel 1,5 km vom Ort entfernt liegt. Um Scharfenberg herum kann man auf engem Raum den Höhenzug der Sonder mit guter Fernsicht sowie Wälder, Wiesen und Felder erwandern.

Nun wurde die Möglichkeit ergriffen, dank einer Förderung aus dem Programm Grüne Infrastruktur- REACT-EU ein erlebbares, nahegelegenes und naturnahes Wiesenbachtal mit Feuchtwiesen zu schaffen:

Direkt nördlich von Scharfenberg verläuft das Kloßsiepental, die sogenannte ca. 1,35 km lange städtische „Brüggenwiese“. Dieses ca. 35 m breite Wiesental wird nun durch die weiter unten beschriebenen Maßnahmen, die im Sommer 2022 umgesetzt werden, wieder zu vielfältigem Leben erweckt und ökologisch zu einem Feuchtwiesental aufgewertet.

Zusammen mit den ebenfalls größtenteils städtischen Waldhängen, die das Tal einrahmen, soll der Bereich für die Scharfenberger Bürgerinnen und Bürgern und Wanderer zu einem verkehrsfreien Naherholungsziel mit großer biologischer Diversität werden. Entlang der Nordseite verlaufen bereits 2 Wanderwege des Sauerländer Gebirgsvereins, SGV (S1 u. S2). Über den südlich parallel zum Tal verlaufenden Höhenrücken verläuft der Ortswanderweg S1. Die Wege werden gleichzeitig optimiert und Rastgelegenheiten eingerichtet.

Dieses Tal erreichen sehr wenige Geräusche des nahen Ortes, sodass die natürlichen Geräusche der Natur, insbesondere der Vogelwelt, der Insekten, der Weidetiere und der Fließgewässer besonders tief empfunden werden können.

Finanzielle Förderung:

Die Ausführung der Maßnahme wird zu 100-Prozent von der Europäischen Union aus dem Programm REACT-EU zur Kompensation der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID19-Pandemie gefördert. Im Rahmen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) soll die Maßnahme die „naturtouristischen Angebote“ als sogenannte „Grüne Infrastruktur“ verbessern.

 

Zustand vor der Projektumsetzung

Der Kloßsiepen ist ein Quellbach der „Bermecke“. Nahe der Kläranlage Scharfenberg fließen die Höbecke und der Kloßsiepen zusammen und bilden fortan die Bermecke, die nach etwa 1,3 km Fließweg in die Möhne mündet.

Das Maßnahmengebiet beginnt an der Ortsbebauung Scharfenberg und endet östlich der Kreisstraße 57 („Untere Straße“) an der Kläranlage. Etwa auf zwei Drittel des Weges befindet sich eine Holzbrücke. Dort kreuzten die Wanderrouten und der Prozessionsweg das Kloßsiepental. Hier kann man zukünftig wählen, ob man das gesamte Projektgebiet umwandern oder eine kleinere Runde gehen möchte.

Zur besseren Bewirtschaftung des Tales wurde der Bach vor vielen Jahren (Zeitpunkt unbekannt) an den südlichen Talhang verlegt. Die Begradigung des Baches führte jedoch zu höherem Gefälle und so zu größeren Fließgeschwindigkeiten, als es bei dem natürlichen Wiesenbach der Fall war. Dadurch trug der Bach immer weiter Sediment (kiesiges Material), aber auch Wiesengrund ab und grub sich tief in den Boden ein. An vielen Stellen ist auf der Bachsohle bereits der Fels zu erkennen. Kies, welchen zahlreiche Wasserlebewesen als Lebensraum oder zur Vermehrung benötigen, wurde durch die erhöhte Strömungsgeschwindigkeit abtransportiert. Der tief liegende Bach wirkt zurzeit noch wie eine Drainage, die das Tal trockenlegt.

An der Kläranlage östlich der K57 befindet sich zudem ein 0,9 m hoher Absturz, der für die Bachlebewesen eine unüberwindbare Barriere darstellt. Die Durchwanderbarkeit wird im Zuge der Arbeiten ebenfalls hergestellt.

Am nördlichen Talrand verläuft der Wanderweg. Dieser wird von mehreren kleinen Quellsiepen diffus gekreuzt. Der Weg ist stellenweise sehr matschig und kaum passierbar.

 

Ziel des Projektes

Ziel der Maßnahmen ist die Wiedervernässung des Wiesentales. Das Gewässer wird vom Talrand weg wieder ins Taltiefst verlegt. Dort wird ein pendelnder Verlauf mit geringen Einschnittstiefen initiiert. Strukturgebend werden Tothölzer und Kiesinseln im Bachbett platziert. Der Altverlauf, der dann nicht mehr benötigt wird, wird verfüllt und als Weideland hergerichtet.

Durch die Verlegung und Anhebung der Gewässersohllagen, soll eine Entschleunigung insbesondere des Hochwasserabflusses erreicht werden. Dabei ist das Ausufern des Baches in die Wiese schon bei kleinen Hochwasserereignissen vorgesehen.

In Bereichen mit bestehender Infrastruktur, wie der bestehenden Fußgängerbrücke, wird der Bach wieder in sein altes Bett gelenkt.

Um den Wanderweg wieder passierbar zu machen, werden an den Siepen Furten eingerichtet und mit Trittsteinen für Wanderer ausgestattet. Anschließend verlaufen die Siepen im Wiesental und vernässen dieses zusätzlich.

Das Wiesental, welches künftig umzäunt wird, wird in Zukunft größtenteils durch eine extensive Rinderbeweidung bewirtschaftet. Im oberen, trockenen Wiesenbereich ist eine Schafe- und Ziegen-beweidung vorgesehen. Neben einer ökologischen Verbesserung der Pflanzengesellschaften wirkt sich die Beweidung auch positiv auf die Insektenvielfalt aus, was wiederum u. a. gut für die Vogelwelt ist. Entlang des neuen Baches soll kein weiterer Zaun errichtet werden, stattdessen sollen sich die Tiere selber Möglichkeiten suchen, das Gewässer an geeigneten Stellen zu überqueren.

Herkunft des Bodens zur Verfüllung des alten Kloßsiepens

Im Möhnetal soll, durch den Abtrag einer alten Auffüllungsfläche, eine Talauenweide oberhalb des Scharfenberger Bahnhofs wieder hergestellt werden. Diese Maßnahme der Unteren Naturschutzbehörde des HSK, finanziert aus Ersatzgeldern, wird zeitgleich mit der beschriebenen Talwiedervernässung durchgeführt. Der beim Wiederherstellen der Aue anfallende Aushub wird zum nahegelegenen Kloßsiepen angeliefert, um seinen Altverlauf zu verfüllen. Somit stellt sich für beide Maßnahmen eine Win-Win-Situation ein, denn dass für den Naturschutz so große Bodenmassen in nur ca. 3 km Entfernung einerseits abgegraben und andererseits eingebaut werden können, ist selten. Diese Synergien führten zu günstigeren Preisen für beide Teilmaßnahmen.

 

Gewässerkenndaten

 

Bestand

Planung

Gewässerlänge im Maßnahmengebiet

1420 m

1720 m

Überwundener Höhenunterschied

32,6 m

32,6 m

Mittleres Sohlgefälle

2,3 %

1,9 %

Sohlbreite

1,5 bis 2,4 m

0,5 bis 1,5 m

Einschnittstiefe

0,9 bis 2,0 m

bis 0,7 m

 

Fazit

Durch die Maßnahmen erhält das Kloßsiepental seine ursprüngliche Wertigkeit als Feuchtwiese zurück. Auch im Hinblick auf einen erforderlichen ganzheitlichen Ansatz in Bezug auf die aktuelle Starkregenthematik ist das Zurückhalten von Wasser in der Fläche sinnvoll. In Trockenzeiten ist der nachher erzeugte hohe Grundwasserstand zur Erhaltung der Feuchtwiesenflora hilfreich.

Auch hinsichtlich der Naherholung wird das Tal durch die Maßnahme eine positive Entwicklung nehmen. Neben dem Wanderweg, der für Wanderer passierbar gestaltet wird, sind auch Sitzmöglichkeiten und Picknick-Plätze geplant.

 

Projektdaten

Bauherr

Stadt Brilon

Projektleitung

Stadtwerke Brilon

Planung und Bauüberwachung

Ing.-Büro Wolfgang Klein

Ökologische Baubegleitung

Biologische Station des HSK

Wasserrechtliche Genehmigung durch

Untere Wasserbörde des HSK

Ausführendes Unternehmen

Redeker Tiefbau GmbH

Ausführungszeitraum

Mai bis Oktober 2022

Auftragssumme

285.000 € (Brutto)

 

 

Weitere Infos

Woher kommt der Name Kloßsiepen?

Die Herkunft des Namens wird erläutert von dem Scharfenberger Ratsmitglied Heinrich-Gerhard Gehling:

„Das Klussiepen: Der Name Klussiepen ist der Name für einen Bach und kommt im Bergischen Land, im Sauer- u. Siegerland vermehrt vor.

Der Name besteht aus zwei Wörtern. Da sind zu einem der Begriff Kluse sowie der Begriff Siepen.

 

Kluse:

steht für: künstlich gestauter See, der zum Flößen (*) diente bzw. zum Betreiben von Mühlen. In Scharfenberg gab es mehrere Mühlen in Form von Getreide-, Oel-, oder Wassermühlen. Die

Klusen waren Garant dafür, bei auftretender Wasserknappheit die Mühlen individuell betreiben zu können. Ebenso wichtig war das Flößen, was bedeutete, dass die Wiesen insbesondere nach der Heuernte mit Wasser versorgt werden konnten. Dazu mehr s. (*)

 

Siepen:

Siepen bedeutet im mitteldeutschen: feuchtes Bachtal, bzw. ein schluchtenartiges Tal mit einem kleinen Bachlauf. Dieser Bachlauf od. Wasser aus diesem Feuchtgebiet wurde in einer Kluse gestaut.

 

(*) Flößen:

auch Fleizen oder Fleiz-Weiher genannt war die Versorgung von Wasser aus der Kluse um insbesondere die Wiesen, bei schwankenden Wassermengen oder länger anhaltender Trockenheit, mit einer länger andauernden Wasserbewässerung versorgen zu können.

Durch diese Bewässerungsform erhielten die Wiesen eine natürliche Düngung, die den Ertrag um bis zu 30% steigern konnte. Die Bewässerungstechnik war für die Bauern von großer Wichtigkeit, da nach der Heuernte im Spätsommer auch noch die sog. Grummeternte möglich war. Führend in dieser Technik war das Sieger- u. Sauerland. Im Jahre 1853 wurde die erste Wiesenbauschule in Siegen gegründet. Selbst Kanzler Bismarck ließ seine Wiesen durch die Fachleute aus Siegen anlegen.

 

Zur Geschichte des Klussiepens:

Vor dem Königlichen Kreisgericht zu Brilon stritten sich 1863 der Müller Friederich Bange gegen den Förster Joseph Enders. Der Kläger Bange beantragte dem Verklagten Enders, „dass dieser nicht befugt sei, aus dem Bache Klussiepen Wasser auf seine Wiese abzuleiten.“ Schließlich benötige er das gesamte Wasser zur Betreibung seiner Mühle. Allerdings wurde im Jahre 1843 seitens der preußischen Regierung die Wasserentnahme aus Privatflüssen zur Wiesenbewässerung geregelt. Zu Gunsten von Förster Enders. Zu guter Letzt einigten sich die Beiden mehr Rücksicht aufeinander zu nehmen und so ging die Geschichte eine lange Zeit gut aus. Bis eine Schwiegertochter ins Spiel kam. Das aber ist eine ganz andere Geschichte.“

Aufgestellt

Im Auftrag

Im Auftrag:

 

Jan Storp

Ing.-Büro W. Klein

Adriane Plewka

Stadtwerke Brilon

Erstellt am:

04.05.2022

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